Von Schock ist die Rede. Schlag in den Nacken. Entsetzen. Und keiner weiß so recht, wie's weitergeht. Die Ankündigung des KfW-Förderstopps aus Berlin hat Häuslebauer, Immobilieninvestoren und Bauunternehmen gleichermaßen hart getroffen und überrascht. Verlässlichkeit der neuen Bundesregierung wurde erwartet, nun herrscht Chaos. Soll, was bislang gut war, plötzlich falsch sein?
Nachhaltig investieren, das alte Häuschen gegen eine neue, energieeffiziente und zukunftsgerechte Wohnung eintauschen und im Gegenzug staatliche Unterstützung bei der Finanzierung erhalten – diese Rechnung soll also nun nicht mehr aufgehen? Laut Mitteilung des Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministeriums von diesem Montag wird die Bewilligung von Anträgen nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) der KfW mit sofortiger Wirkung, also ab dem 24. Januar 2022, mit einem vorläufigen Programmstopp belegt. Dies gelte für alle drei KfW-Programmbereiche: Effizienzhaus /Effizienzgebäude 55 im Neubau (EH/EG55), Effizienzhaus /Effizienzgebäude 40 im Neubau (EH/EG40) und Energetische Sanierung.
Endgültig eingestellt wird demnach die Neubauförderung des Effizienzhauses/Effizienzgebäudes 55 (EH55). Deren Ende war zwar bereits beschlossene Sache, doch sollte die Förderung eigentlich noch bis Ende Januar laufen. „Die enorme Antragsflut im Monat Januar insbesondere für Anträge für die EH55 Neubauförderung hat die bereit gestellten Mittel deutlich überstiegen“, heißt es aus dem Ministerium. Neue Anträge werden nicht mehr angenommen.
Für viele, die noch in diesem Monat den Kauf einer Immobilie aus dem Bereich abschließen wollten, ein schwerer Schlag, gilt das KfW Effizienzhaus 55 doch als Gebäude mit sehr hohem energetischem Standard. Es benötigt nur 55 Prozent der Energie eines konventionellen Neubaus.
KfW prüft Darlehensprogramm
„Um keine Liquiditätslücken für baureife Projekte auf Seiten der Antragsteller entstehen zu lassen, prüfen Bundesregierung und KfW ein Darlehensprogramm, das Kredite für alle Antragsteller anbietet, deren Anträge nicht bewilligt wurden“, heißt es aus dem Ministerium beschwichtigend. Damit solle auch auf etwaige Härtefälle bei privaten Bauherren nach Ende der Förderung reagiert werden. Der Antragsstopp sei für die betroffenen Antragsteller eine traurige und enttäuschende Nachricht, erklärte Energiestaatssekretär Patrick Graichen laut Medienberichten. Gleichzeitig verteidigte er die Maßnahme, zumal die bisherige Förderung falsche Anreize gesetzt und das KfW Effizienzhaus 55 ohnehin längst Standard sei.
CSU-Generalsekretär Markus Blume kommentierte auf Twitter: "Wer baut, braucht Planungssicherheit und keinen Förderstopp über Nacht." So habe Klimaschutz keine Chance. Er forderte das Bundeswirtschaftsministerium auf, die Entscheidung schnell zu korrigieren und für Planungssicherheit zu sorgen.
Über die Zukunft der Neubauförderung für EH40-Neubauten soll nun vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden Mittel im Energie- und Klimafonds und der Mittelbedarfe anderer Programme durch die Bundesregierung zügig entschieden werden, so das Ministerium. Ebenso wie über den Umgang mit den bereits eingegangenen, aber noch nicht beschiedenen EH55- und EH40-Anträgen. Auch für diese Anträge reichten derzeit die bereitgestellten KfW-Mittel nicht aus.
Baugewerbe fordert rasch Klarheit
„Die Nachricht am Montagmorgen, dass sämtliche energiewirtschaftlichen Programme der KfW wegen zu hoher Mittelinanspruchnahme gestoppt wurden, ist ein Schock für Bauherren und Bauwillige.“ Dieses erklärte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa, zur Ankündigung der KfW, sämtliche energiewirtschaftlichen Programme zu stoppen. Die Koalition müsse nun schnell einen verlässlichen Förderfahrplan auf den Weg bringen. „Wir brauchen jetzt zügig Planungssicherheit und zumindest mittelfristig geltende Anforderungen und Förderprogramme.“
Weiter erklärt Pakleppa: „Investitionen in dieser Größenordnung brauchen stabile und verlässliche Rahmenbedingungen, ansonsten werden sie auf die lange Bank geschoben. Das können wir uns derzeit nicht leisten. Das angekündigte 100-Tage-Sofortprogramm der Regierung, in dem Standards und Förderung definiert werden sollten, muss dringend verabschiedet werden.“
ERL Immobilien AG setzt voll auf Nachhaltigkeit
Bei ERL ist es seit Jahren Standard, energieeffiziente Gebäude zu bauen. „Wir haben uns dazu entschlossen, künftig – soweit möglich – sämtliche Gebäude in der besten Effizienzklasse zu errichten“, sagt Alois Erl jun., Vorstandsvorsitzender der ERL Immobilien AG. „Wir hoffen sehr, dass die neue Bundesregierung im Interesse unserer Kundinnen und Kunden den Förderstopp bald beendet.“ Das quasi über Nacht beschlossene Ende der aktuellen Förderung sieht er kritisch.
In den kommenden Jahren fehlen Experten zufolge allein Hunderttausende Plätze für die stationäre Pflege. „Als Marktführer für seniorengerechtes Wohnen in Süddeutschland sehen wir uns hier in der gesellschaftlichen Pflicht, sowohl planerisch als auch am Bau tätig zu werden“, erklärt Erl. Denn ohne privates Kapital wird es kaum möglich sein, ein ausreichend großes Angebot zu schaffen und gleichzeitig umwelt- und energieschonend zu bauen. „Deshalb brauchen wir als Unternehmen nun ebenso rasch wie unsere Kundinnen und Kunden Planungssicherheit. Wir setzen voll auf Nachhaltigkeit in allen Bereichen, müssen uns gleichzeitig aber auch auf bestehende Regelungen verlassen können.“